Müde Männer und fleißige Frauen

In der letzten Woche hat sich am Insektenhotel auf unserem Balkon einiges verändert. Inzwischen scheinen alle Mauerbienendamen geschlüpft zu sein und nur noch extrem selten halten die Herren nach ihnen Ausschau. Die Mauerbienenmänner, die ich heute noch in Hotelnähe gesehen habe, wirkten erschöpft und träge. Ich habe ihnen ein paar Tropfen Zuckerwasser hingelegt, in der Hoffnung, dass sie wieder zu Kräften kommen. Sie haben mit ihren langen Zungen auch direkt daran geschleckt:

Der zweite Bienenherr beim Trinken, der erste war hier schon fertig, aber nicht unbedingt energiegeladener:

In Bewegung kam der Bienenmann erst, als ich versucht habe, ihn mit einem Mini-Mikroskop zu filmen. Er ist eifrig auf das Licht des Mikroskops zu gekrabbelt – vielleicht, um sich daran zu wärmen?

Dann habe ich das Mikroskop weggelegt und ihm meine Hand gereicht. Er ist vorsichtig auf meine Finger geklettert und hat sich an einer einigermaßen warmen Stelle meiner Hand niedergelassen.

Männliche Mauerbiene auf meiner Hand
Männliche Mauerbiene auf meiner Hand

Mauerbienenmännchen sterben bald nach der Paarung. Es hat mich ganz traurig gemacht, die beiden Männer so kraftlos am Boden zu sehen. Sie sind doch erst vor wenigen Tagen aus ihrem Hotelzimmer gekommen und sollen schon wieder von dieser Welt verschwinden? 😦

Der Bienenherr auf meiner Hand hat sich nach einer Weile des Wärmens ein bisschen geputzt und ist dann weggeflogen. Der andere Mann wollte nicht auf meine Hand krabbeln. Er ist langsam zwischen den Blumentöpfen verschwunden. Vielleicht war es dieser Bienerich, den ich später auf einer Erdbeerpflanze wiedergetroffen habe.

Mr. Bien auf einer Erdbeerpflanze
Mr. Bien auf einer Erdbeerpflanze

Während die Mauerbienenmänner sich verabschieden, geht der Trubel für die Damen erst richtig los. Zeitweise habe ich heute fünf Mauerbienenweibchen gleichzeitig auf unserem Balkon beobachtet. So viele waren es in den Vorjahren nie. Sie suchen eifrig nach Nistmöglichkeiten. Mindestens eine Biene wollte dabei in meiner Kleidung Unterschlupf suchen. Ich musste echt aufpassen, dass ich sie nicht versehentlich zerquetsche.

Von meinen Bienenhotels wurde vor allem das Schilfrohrhotel ausgiebig inspiziert. Obwohl nebenan noch drei weitere Hotels stehen, haben die Damen aktuell nur Augen für diesen Wohnkomplex. Der Altbau stand jahrelang leer, bevor er erst im vergangenen Jahr plötzlich in Mode kam.

Neben den Mauerbienen habe ich auch eine hübsche Dame mit Wespentaille am Hotel gesichtet. Sie hat ein markantes Gesicht.

Eine solitäre Wespe schaut aus dem Nistloch. Darunter sitzt eine Fliege.
Eine solitäre Wespe schaut aus dem Nistloch. Darunter sitzt eine Fliege.

Später hat sie noch mehr von sicht gezeigt:

Ganzkörperaufnahme des wespigen Hotelgastes
Ganzkörperaufnahme des wespigen Hotelgastes

Ich habe versucht, die Wespe mithilfe der Website Naturspaziergang.de zu bestimmen und könnte mir vorstellen, dass es sich um eine Große Stängelwespe handelt. Korrigiert mich bitte, wenn ich falsch liege. Dass die Art gern Insektennisthilfen nutzt, würde jedenfalls passen und auch das Muster haut in etwa hin. Sobald die Dame ihr Nest verschließt, kann ich noch das Baumaterial prüfen. Die Zimmertür sollte grünlich aussehen und aus zerkauten Pflanzenstückchen und Holzstückchen bestehen.

Bin gespannt, wem ich in den nächsten Tagen und Wochen noch auf dem Balkon begegne. Irgendwer war gestern auch an dem seit Eröffnung leerstehenden Steilwandhotel zugange (habe ich oben nicht mitgezählt, weil es eher als Lost Place gilt):

Ein von mir vorgebohrtes Loch wurde vergrößert und allerhand Material rausgetragen und vor dem Hotel verteilt.

Ich hatte neulich ein größeres/rundlicheres dunkles Insekt im Loch verschwinden und einige Minuten später wieder rausfliegen gesehen. Konnte aber nicht genau erkennen, wer es war. Und danach habe ich es nicht wieder gesehen. Vielleicht hat es das Hotelzimmer nach umfassender Umgestaltung doch als ungeeignet eingestuft. Ich sollte in meine Hotelordnung aufnehmen, dass die Zimmer und der Eingangsbereich besenrein zu hinterlassen sind. Einige der anderen Räume sehen inzwischen auch aus wie Sau – mit halb eingerissenen Wänden und Nahrungsresten auf dem Boden. Kein Wunder, dass die neuen Gäste die Nasen rümpfen und sich um bestimmte Zimmer zanken.

Update vom 13.04.: Die dunkle Steilwand-Bewohnerin hat sich gezeigt

Heute habe ich die Lady (?) in Black wieder am Steilwand-Hotel gesehen. Sie ist sehr gezielt in die größte Suite geflogen und erst nach mehreren Minuten wieder rausgekrabbelt.

Vergrößerter Screenshot aus dem Video:

Kann ein Bienen-/Hummel-Profi bitte helfen, das Tierchen zu bestimmen?

Ich tippe auf eine kleinere Hummelart. Der Oberkörper ist sehr dunkel. Der hintere Teil könnte orange/rötlich sein. Ich hoffe, wir finden noch heraus, wer die geheimnisvolle Fremde ist. 🙂

Update vom 14.04.: Das erste Hotelzimmer ist zugemauert

Ein Mauerbienennest ist bereits wieder verschlossen.​
Ein Mauerbienennest ist bereits wieder verschlossen.

Update vom 27.04.2024: Lehmwespe(n)?

Ich glaube, die oben als Große Stängelwespe identifizierte Dame ist eher eine Lehmwespe. Und inzwischen habe ich zwei gleichzeitig im Hotel sitzen gesehen. Heute Morgen hat sie eine der Wespen auf die Dachterrasse des Hotels gesetzt und scheinbar darauf gewartet, dass die Sonne rauskommt.

Lehmwespe?​
Lehmwespe?

Hatte aufgrund der gekrümmten Haltung erst Angst, dass es ihr nicht gut geht. Später (als die Sonne rumgekommen war) saß sie aber nicht mehr dort und noch später habe ich sie (oder ihre Artgenossin wieder zu ihrem Zimmer fliegen gesehen. Heute ist es zum ersten Mal seit Tagen wieder wärmer und die Hotelgäste sind wieder fleißig.

2 Antworten zu “Müde Männer und fleißige Frauen

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